Montag, 31. Dezember 2012

Jahresrückblick 2012

Stil? - Was ist das?
Nachdem ich die letzten Tage damit verbracht habe, die Feiertage in meiner Wohnung an mir vorüber ziehen zu lassen, zieht es mich heute wieder in die Innenstadt und unter Menschen.
Ich habe in den letzten Tagen viel nachgedacht und mir viele Gedanken über mein Aussehen und meinen Stil gemacht.

Nach endlosen Anprobier-Orgien hab ich glaube ich was für mich gefunden.
Weil ich von Natur aus eher eine blasse Hautfarbe habe, hab ich mich für eine rötliche Haarfarbe und kinnlanges Haar entschieden. Bei längerem Haar wirkt mein Hals so kurz und ich sehe mit meinen 1,68  ziemlich gedrungen aus.

Außerdem hab ich wohl ein eher breites Becken und Röcke passen definitiv besser als Hosen. Dazu ein kuscheliger Pulli und ich bin wohl fast schon tageslichttauglich.
Nagellack und Lippenstift sind wohl noch meine Problemzonen. Irgendwie kaufe ich sie immer zu dunkel oder zu hell. Damit wirken sie entweder zu knallig oder gar nicht.
Kajal und Wimperntusche klappt jetzt aber schon ziemlich gut und ich sehe nicht mehr aus, als ob ich gerade verprügelt worden bin.

Mein Jahr 2012
Da ich ja erst im Oktober angefangen habe, meinen Weg zu gehen, wird das wohl eher ein kurzer Jahresrückblick. Aber mein Kaffee in meinem Lieblings-Starbucks ist auch schon fast leer.

Oktober 2012
Ich entschließe mich eher spontan das Kämpfen und Verdrängen meines Wesens aufzugeben und fange an zu leben.
Kleidung, Schuhe, Accessoires und Kosmetik trudeln fast von selbst in meiner Wohnung ein und ich werde eine gute Kundin verschiedener Online-Shops.
Mit vor Aufregung roten Ohren trage ich zum ersten Mal Frauenschuhe im Alltag und habe das Gefühl, dass mich alle Menschen ansehen müssen.
Leider schränkt mich meine nicht gerade schlanke Figur in der Kleiderauswahl ziemlich ein.
Ich besuche zum ersten mal den Gruppentreff von Trans-Ident Nürnberg und lerne viel Neues und nette Menschen kennen.

November 2012
Ich beginne eine Diät, die mir weil sie mir auf meinem Weg hilft, gar nicht schwer fällt.
Es werden alle möglichen Arten von Kleidung ausprobiert und ich lerne einiges über Makeup, Augenbrauenzupfen und ähnliche Dinge.
Ich werde langsam selbstsicherer und trage jeden Tag unauffällige weibliche Kleidung oder Accessoires. Zweimal die Woche werden die Nägel frisch lackiert und eine Kollegin spricht mich an, dass meine Nägel schöner sind als ihre.
In meinem Blog mache ich mir erstmals Gedanken über ein Leben als Frau und habe es immer noch nicht geschafft, die Liste der November-Gedanken abzuarbeiten.
Mein erster Besuch in einem Studio für dauerhafte Haarentfernung in Nürnberg verläuft eher negativ.
Beruflich bin ich viel unterwegs und schaffe es dadurch leider nicht zu Stammtischen oder Treffs meiner Selbsthilfegruppe.

Dezember 2012
Ich gehe zu meinem ersten Trans-Ident-Stammtisch komplett in Frauenkleidung, die aber noch sehr unauffällig aussieht. Aber es ist trotzdem ein aufregendes Gefühl. Auch wenn es auf die anderen wohl sehr verhalten und unentschlossen wirkt - aber ich kann nicht so einfach von heute auf morgen - etwas in mir braucht etwas Zeit. Es wird ein interessanter Abend mit vielen netten Menschen und ich unterhalte mich gut mit Carla, Sandra und Petra von hairfree aus Ansbach. Bei der ich im Januar bestimmt einen Termin machen werde.
Meine Diät ist ein Erfolg und ich bin trotz Glühwein, Lebkuchen und Weihnachtsfeier so leicht wie lange nicht mehr. Aber mein Ziel ist erstmal Größe 44.
Emotional ist es eine sehr schwierige Zeit für mich. Ich hab mich noch nicht geoutet und gerade meine Beziehung beendet, weil ich mir einfach nicht vorstellen kann, als Mann zu leben und Vater zu werden.
Die Feiertage und das Jahresende sowie einige Erkältungen legen viele Pläne auf Eis und steigern meine Frustration noch.
Silvester "feiere" ich zum ersten Mal in meinem Leben ganz allein.

Einen guten Rutsch ins Jahr 2013
Auch wenn die Zeiten manchmal schwer und dunkel sind, ich freue mich auf das neue Jahr.
Mein Kopf ist voller Pläne, Hoffnung und Zuversicht. Auch wenn ich immer noch keine vernünftige Frisur habe und kleidungsmäßig ein Angsthäschen bin.

Haltet den Kopf hoch! - Wir können nur gewinnen.
Und damit: Guten Rutsch! Prosit Neujahr, happy new year!
Eure Biggi


Montag, 24. Dezember 2012

Frohe Weihnachten?

Frohe Weihnachten oder doch nur ein Weihnachtsevent?

Ja, für mich sind es trotzdem Frohe Weihnachten, obwohl ein nächtlicher Stromausfall meinen Wecker erfolgreich daran gehindert hat, mich pünktlich zu meinem Frühstückskaffee in meinem Lieblings-Starbucks zu wecken.
Ich hab es aber trotzdem noch geschafft einen schönen Fensterplatz mit einem tollen Blick auf das Vorweihnachts-Gewusel zu ergattern.
Die Kaffeetasse ist auch randvoll mit Christmas-Blend - es kann also losgehen.

Ich hab den Titel für diesen Post wegen meiner Erfahrungen der letzten Tage gewählt.
Obwohl ich (mal wieder) erkältet war, konnte ich es doch nicht lassen Glühwein und Lebkuchen auf diversen Weihnachtsmärkten zu genießen.

Zuerst kam natürlich der Nürnberger Christkindlesmarkt dran. Ich denke noch gerne an 1984 zurück, als dieser Markt wirklich noch ein tolles, weihnachtliches Flair hatte.
Heute bin ich kurz davor nicht mehr hinzugehen, weil es überall amerikanische, spanische und was weiß ich noch für Weihnachtslieder hagelt.

Obwohl wir ein Nürnberger Christkind haben, steht an jeder Ecke ein Santa. Die Glühweinstände dominieren den Markt und haben sich inzwischen zu vollwertigen Bars gemausert, an denen sich die Besucher aus allen Teilen der Erde so richtig einen hinter die Binde kippen können.
Christkindles-Glühwein, Heidelbeere-Glühwein,Feuerzangen-Bowle, Alpen-Power, Apfelpunsch, Zimtpunsch - das Ganze gerne noch mit einem Schuss Wodka, Rum, Calvados - einfach wundervoll.

Dann möchten ein paar ganz Verirrte den Markt auch noch bis ins neue Jahr verlängern - so eine Art weihnachtlicher Vergnügungspark. Nuremberg-Disney sozusagen.

Dieses Jahr habe ich mir zum ersten mal den Fürther Weihnachtsmarkt und den Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt zu Fürth angesehen.
Der kleine Fürther Weihnachtsmarkt war nun keine Offenbarung, aber er brachte mehr Weihnachtsstimmung rüber wie unser Nuremberg-Disney.

Begeistert hat mich der Mittelalter-Weihnachtsmarkt. Erwartet hatte ich nicht viel, da sich Nürnberg ja schon vor einigen Jahren halbherzig an einem versucht hatte.
Dieser hier war jedoch anders. Obwohl mitten in der Stadt auf der Fürther Freiheit hatte ich doch das Gefühl in eine andere Zeit einzutauchen.
Am Stand "Roter Hahn" gab es dann selbst gemachten Glühwein oder Suppe, die ich an einem Feuerkorb, sozusagen am Lagerfeuer genießen konnte. Gemütlich kein Trubel und Zeit nachzudenken - besinnlich eben.
Neben Leipzig war dies einer meiner schönsten Weihnachtsmärkte.

Heute ist der 24. und ich wollte ihn unbedingt hier beginnen. Warum weiß ich auch nicht genau.
Psychisch könnte es mir wirklich besser gehen. Ich habe meine Beziehung beendet, weil ich weiß, dass ich diese Rolle nicht mehr spielen kann und es unehrlich und unfair wäre.

Weihnachten und Silvester "entschleunigen" mich leider wirklich.
Seit einigen Wochen habe ich das Gefühl, dass es auf meinem Weg nicht mehr voran geht, sondern ich irgendwie stehengeblieben bin.

Obwohl Geduld wichtig ist, bin ich deswegen doch in einer schlechten Verfassung. Ich möchte endlich vorankommen. Psychologe, Haarentfernung und viele andere Dinge muss ich aufs neue Jahr verschieben, weil es zwischen den Feiertagen einfach keinen Sinn macht und in diesem Weihnachts-Chaos wohl eher etwas schief geht.
Aber so ist das nun mal - ich habe mich nun entschlossen und jetzt will ich mich auch weiterentwickeln bzw. alles tun was ich kann um das zu werden was ich wirklich bin und nicht untätig herumsitzen.

So zwischen den Welten zu schweben ist ein fürchterlicher Zustand. Manchmal weiß ich gar nicht mehr, ob ich gerade eine Rolle spiele oder wirklich so bin. Ist das jetzt die Männerrolle, oder noch fraulich? Sind das Herren-Jeans? ich bin langsam total verwirrt - lange kann ich das nicht mehr machen.

Aber ich werde es schaffen müssen - eine Alternative hab ich ja nicht. Aufgeben kann ich mir schon deshalb nicht vorstellen, weil es sonst ja niemals aufhört.
Dabei will ich ja einfach nur "normal" sein.

Jetzt ist auch noch mein Kaffee leer. Deshalb wünsche ich euch ein fröhliches, ruhiges Weihnachtsfest, egal woran ihr glaubt, ob ihr Bio, oder Trans seid - wir sind alle Menschen.

Dienstag, 18. Dezember 2012

Trans-Frau und soziales Umfeld

Seit ich mich intensiv mit meiner Transsexualität auseinandersetze, beschäftigen mich einige Fragen ganz besonders.

Derzeit kreisen meine Gedanken neben Weihnachten, Lebkuchen, Glühwein, Christkindlesmarkt und Weihnachtseinkäufen hauptsächlich darum, wie ich auf meinem Weg weiterkommen kann und wie ich mich outen soll.

Am einfachsten wäre es vielleicht einfach loszulegen und den Fragen und Situationen offen und ehrlich zu begegnen. Je mehr ich mich allerdings mit dem Thema Trans beschäftigt habe, desto deutlicher wurde mir klar, dass unheimlich viel kaputt gehen kann.

Job, (Ehe-)Partner, Freunde, Kollegen, Nachbarn werden genau wie ich vor eine vollkommen neue Situation gestellt. Obwohl ich Tag und Nacht darüber grüble, wie ich wem am besten was erklären kann, so habe ich doch eine ziemliche Angst vor diesem wichtigen Schritt.
Wenn er nämlich einmal getan ist, werden sich Dinge ereignen, auf die ich nur noch reagieren kann.

Frei nach dem Zitat:"Wenn Worte erst einmal den Mund verlassen haben, sind sie nicht mehr aufzuhalten."

Einige wenige Menschen sind mir besonders wichtig und ich würde ihnen ungern weh tun, und sie auf meinem weiteren Lebensweg mitnehmen.

"Das kannst Du mir doch nicht antun!" Solche oder ähnliche Reaktionen wurden mir schon oft berichtet.
Es ist doch wirklich paradox, dass eines unserer vielleicht größten Probleme, das der anderen mit uns ist...

Ich möchte einen Mann sehen, zu dem man als Kind sagt: "So, Du bist ein Mädchen - jetzt sind erst mal 30 Jahre als Frau angesagt." Umgekehrt wäre der Gedankengang wohl genauso absurd.

Leider ist er das aber nicht. Bei Trans-Weib habe ich einen Artikel gelesen, wo ein Junge bereits als Kleinkind wusste, dass er ein Mädchen ist. Wenn ich aber über dreißig bin heißt es: "Das geht doch nicht! Das kannst Du mir doch nicht antun!"

Aber jahrzehntelang mit dem falschen Geschlecht leben zu müssen, ist in dieser Gesellschaft in Ordnung. Das kann man einem Menschen antun - anstatt etwas tolerant zu sein.

Meine bisher eiserne Disziplin (mein kleines Ziel ist Größe 44) wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Schoko-Elisen-Lebkuchen und Glühwein machen mir das Leben schwer.

Aber nach dem anstrengenden Kampf um die letzten Weihnachtsgeschenke genieße ich es einfach in einer Holzhütte mit einem Becher Glühwein an einem Holzofen zu stehen und meine Blicke und die Gedanken schweifen zu lassen.

Bis bald.


Samstag, 8. Dezember 2012

Samstag Vormittag in Nürnberg

Wenn die Frankenmetropole "multikulti" wird
Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist es, am Samstag Morgen möglichst früh in die Nürnberger Innenstadt zu fahren um dort zu Bummeln und vielleicht ein bisschen zu Shoppen.
Leider gibt es aber auch zwei Dinge, welche jedes mal vehement versuchen, mich daran zu hindern:

  1. Mein Geldbeutel
  2. Ich bin Langschläferin
Aber meistens schaffe ich es doch mich aus dem Bett zu quälen, mich etwas aufzuhübschen und die nächste U-Bahn zu nehmen.
Im Winter ist das Ganze natürlich besonders schwierig, weil mir immer noch elend kalt ist, egal was ich drunter anziehe.
Da kann ich manche Biofrauen wirklich nur bewundern, bei denen es mich schon friert, wenn ich sie nur ansehe.
Eine wichtige weibliche Eigenschaft scheint also Kälteresistenz zu sein. Das kannte ich bisher nur aus Rollenspielen...
Aber vielleicht haben die auch einfach nur mehr Übung. Das ist ja schließlich mein erster Winter.

Als ich heute am Weissen Turm in Nürnberg ankam, fielen mir sofort die vielen Touristen, die wegen des Christkindlesmarktes gekommen waren auf. Chinesen, Japaner, Franzosen und Briten wuseln nur so durch die Fußgängerzone und sorgen schon morgens um 9 Uhr für reichlich Umsatz bei den Glühweinständen.
Seit ich auf meinem neuen Weg bin, zieht es mich da ja gar nicht mehr hin und diese Kerle kommen mir mittlerweile reichlich merkwürdig vor.

Da natürlich alle Cafés restlos überfüllt sind, gönne ich mir ein kleines Brötchen als Frühstück und beobachte das Treiben in der Karolinenstraße.
Dabei fällt mir auf, dass viele deutsche Bio-Frauen im Vergleich zu den Touristinnen aus dem Ausland modisch ziemliche - entschuldigt den Ausdruck aus meinem alten Leben "Rohrkrepierer" sind.

Ihr Outfit besteht meist nur aus "Basics" Jeans, Pulli, schlichte Jacke, Stiefel. Asiatinnen hingegen scheinen im direkten Vergleich viel mehr Wert auf ihr Äußeres zu legen. Italienerinnen und Französinnen ebenfalls. Der Unterschied ist wirklich frappierend und auf den ersten Blick erkennbar.

Ich will hier ja niemand zu nahe treten. Ich habe früher auch nie besonders auf meine Kleidung geachtet, aber das kam daher, dass ich dieses langweile Männerzeugs schon immer gehasst habe. Deshalb schien mir der Aufwand nicht angebracht.
Aber als Frau - wo ich so viele Möglichkeiten habe! Geht es da wirklich nur ums Geld, oder um die Bequemlichkeit? oder ist den Frauen ihr Aussehen einfach nicht mehr so wichtig wie früher?

Ich habe nun schon einige Trans-Frauen getroffen und wirklich jede hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestimmt viel Zeit, Geld und Gefühl in ihr Outfit investiert.
Das mag daran liegen, dass wir so lange auf schöne Kleidung verzichten mussten, oder vielleicht um eindeutig zu zeigen, zu welchem Geschlecht wir uns zugehörig fühlen, oder für ein besseres "Passing".

Auf jeden Fall kenne ich einige Trans-Mädels von denen ihr euch eine gute Scheibe Stil abschneiden könntet Bio-Mädels.

Da ich ja selbst erst am Anfang stehe, renne ich natürlich mit großen Augen durch die Frauenwelt und versuche so viele Scheiben wie möglich abzubekommen.

So schön diese Stadtbummel auch sind, so schwierig sind sie für meine Psyche.
Immer wenn ich schöne Frauen sehe, wird mir bewusst, was für einen weiten und schwierigen Weg ich noch zu gehen habe und ich möchte am liebsten sofort kehrt machen und mich in meiner Wohnung verkriechen.

Aber das geht natürlich nicht. Deshalb sitze ich hier in einem meiner Lieblings-Starbucks am Josephsplatz und habe wirklich noch den Katzentisch zwischen den ganzen Touristen erwischt.
Das ist also mein erster Post aus "meinem" Starbucks und bestimmt nicht der letzte.

So, jetzt ist aber mein Kaffee alle und weil die Plätze begrenzt sind und ich ein anständiges Mädel bin, räume ich jetzt das Feld.

Bis zum nächsten Mal aus dem kalten, glühweingeschwängerten Nürnberg.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Wenn Dinge einfacher werden

Weniger Aufregung und weniger Durst
In den letzten Tagen, musste ich wieder einmal feststellen, dass es die richtige Entscheidung war nunmehr immer mehr zu dem zu werden, was ich schon immer war.

Noch vor kurzer Zeit war ich oft depressiv und "genoss" mein Leben in vollen Zügen - oder eher in vollen Krügen. Auf Parties war ich immer beim "harten Kern". Ich gehörte zu denen, die immer zuletzt von Parties gingen und betrieb die guten wie die schlechten Dinge immer exzessiv.

Nun lebe ich schon eine kurze Zeit für mich als Trans-Frau und gehe offen mit dem Thema um.
Ich kaufe mir endlich schöne Kleidung und lebe in meinen vier Wänden endlich so, wie ich es schon lange hätte tun sollen.

Erstaunlicherweise geht es mir fast wunderbar - es geht mir auf jeden Fall viel besser, obwohl sich meine Lebensumstände leicht verschlechtert haben. Aber die kleinen Probleme verblassen neben meinem neuen Leben.

Ich bin zum ersten Mal seit über 20 Jahren wieder einmal innerlich ruhig. Es scheint so, als hätte ich auf wundersame Weise meine innere Ruhe wiedergefunden.
Parties, Guinness und die unterschwellige Angst im Leben etwas zu verpassen, nehmen plötzlich immer weniger Raum in meinem Leben ein.
Das Beste ist, ich vermisse es kein bisschen. Ich brauche es einfach nicht mehr - teilweise kann ich es selbst nicht verstehen.
Ich geniesse mein Leben, die Pfunde purzeln und ich freue mich schon auf neue Kleidung.

Die einzigen Dinge, welche meine persönliche Situation noch toppen könnte, wäre ein erfolgreiches Outing vor meiner Familie und meinen Kollegen.
Diese Menschen (und auch deren Meinung von mir) bedeuten mehr sehr viel.
Deshalb fällt es mir so furchtbar schwer, diesen entscheidenden und unbedingt notwendigen Schritt zu gehen.
Wenn ich das endlich geschafft habe, gibt es bestimmt noch viele Probleme und Hürden zu überwinden, aber für mich ist innerlich das Wichtigste geregelt.

In diesem Jahr werde ich mich nicht mehr outen. Vielleicht eignet sich ja die Vorweihnachtszeit besonders gut und ich begehe vielleicht einen Fehler. Aber fühle einfach, dass jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt ist.

Fest auf meinem Plan stehen jedoch Bartentfernung, Brille, Haare und Therapie.
Um diese Dinge werde ich mich gleich Anfang nächsten Jahres kümmern.

Aber bevor es richtig losgeht, lasse ich mich hier erst mal in seliger Ruhe einschneien...

Montag, 3. Dezember 2012

Gutes und Schlechtes

Gut oder schlecht?
Der Alltag hält so manche gute, aber auch so manche schlechte Überraschung für uns bereit.
Wobei ich mit "uns" nicht nur uns Trans-Frauen, sondern alle meine Mitmenschen meine.

Ich habe jetzt einige Zeit nicht gebloggt, weil ich zuerst krank war und es auch (vielleicht auch dadurch) nicht viel interessante Dinge zu erzählen gab.
Jetzt bin ich aber wieder fit und habe mich natürlich gleich wieder ins "Getümmel" gestürzt.
Dabei sind mir wirklich gute Dinge passiert.

Biggi bibbert sich durch Nürnberg
Leider hat nun auch bei mir im Süden der Winter Einzug gehalten, und der Schnee liegt überall.
Ich mag zwar den Winter, aber keinen Schnee. Aus meinem alten Leben hab ich da noch ganz schlechte Erinnerungen von Zelten im Schnee und Bibbern in Erdlöchern.

Am letzten Samstag war nun Stammtisch meiner Selbsthilfegruppe und weil es für mich der erste Stammtisch war, war ich natürlich ziemlich aufgeregt!
Was ist das für eine Gegend? was für ein Lokal? wer ist da? kenne ich wen? und so weiter.
Aber ich wollte unbedingt - ich musste unbedingt hin.

Und was für mich ein absolutes Novum war - ich wollte vollständig in Frauenkleidern hin.
Das hab ich nun Dank eines nicht näher genannten Versands nicht geschafft, weil diese Firma einfach meine Jacke verbummelt hat.

Also dann, mit Männermantel aber ansonsten nur in (sehr unauffälligen) Mädelklamotten rein in die U-Bahn. Nachdem ich mich mindestens - wenn nicht noch öfter... vergewissert hatte, dass mich niemand anstarrt - und ich mich von größeren Ansammlungen Halbstarker erfolgreich ferngehalten hatte, kam ich in Nürnbergs Westen an.

Dort hatte ich die tolle Idee, doch das letzte "kleine Stück" zu Fuß zu gehen. Damit sollte ich wohl zuerst aufhören - wahrscheinlich rennt keine Frau nachts allein in dieser Gegend rum.
Außerdem - trotz dicker Strumpfhosen, Socken, hohen Stiefeln, Unterhemd, Pulli und Wintermantel hätte ich fast den Po abgefroren! Dabei brauch' ich den doch noch! Wie sieht das denn sonst aus!

In der Gaststätte musste ich mich dann mit einem Ouzo wieder auftauen.
Ich hab ganz viele nette und interessante Menschen getroffen - falls ihr das lest, vielen Dank an euch!
Es gab viele hübsche Trans-Mädels (da könnte ich glatt neidisch - oder auch schwach werden), aber auch nette Trans-Männer.

Ich hab wieder unheimlich viel mitgenommen (nein - nicht nur die Giros) und auch was für mich gelernt: Ich hab immer noch zu viel Angst.
Ich muss, wenn ich diesen Weg gehen möchte - auch anfangen loszulaufen.
Es hilft mir nichts, wenn ich zwar in Frauenkleidung gehe, aber so dezent, dass es niemand merkt bzw. mich als Frau wahrnimmt.
Daran muss ich unbedingt noch arbeiten und ich muss da auch irgendwie durch.

Also muss ich meine Garderobe aufstocken - und zwar mit tatsächlicher Frauenkleidung - nicht wie die sprichwörtliche Mega-Transe, aber eben sichtbar.

Es gibt auch schlechte Dinge
Männlich ausgedrückt "läuft es im Business wie mit der Gesundheit momentan eher suboptimal."
Weiblich ausgedrückt "möchte ich heute am liebsten losheulen."

Aber ich darf mich nicht unterkriegen lassen!
Deshalb mache werfe ich jetzt die CD von Sade aus dem Player, höre auf lauwarmen Apfeltee zu schlürfen und euch mit meinen traurigen Gedanken zu nerven.

Ich schaue jetzt nach vorne - auch wenn ich die Probleme schon am Horizont erkennen kann.