Samstag, 31. Dezember 2016

Jahresrückblick 2016

2016: Warum zurück schauen?
Alle, die dieses Blog schon etwas länger verfolgen, haben meine vielen Erlebnisse und Veränderungen in (natürlich ziemlich verkürzter Form) mitbekommen.

Seit 2012 setze ich mich wann immer ich Zeit finde in kleine Cafés und schreibe meine Erlebnisse und Gedanken in der Hoffnung nieder, dass sie für irgend jemand in den Weiten des Internets nützlich sind.

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Auf dem "Kleinen" entstehen die meisten Posts - hier mal im "Treibhaus" in der Nürnberger Innenstadt.


Aber meine Blogbeiträge sind auch für mich nützlich. Ich denke über die jüngere Vergangenheit nach und lasse meine damaligen Gedanken nochmals Revue passieren.

2016: Für mich das entscheidende Jahr.
- Ich habe mich bei sehr vielen Menschen geoutet und Ihnen meine Gefühle und Beweggründe dargelegt. Dabei immer das Risiko geschätzte Freunde und Kollegen zu verlieren.


  • Es gab einige Situationen, die mich verletzt haben, in denen ich verängstigt und verunsichert war.
  • Ich habe meinen Job innerlich zur Disposition gestellt, weil mein Weg für mich klar ist.
  • Ich war bei so vielen unterschiedlichen Ärzten und Krankenhäusern und wurde so intensiv untersucht wie noch nie in meinem Leben.
  • Ich musste für Gutachten und Behandlung mein Innerstes nach außen kehren.
  • Ich war das erste Mal bei Gericht und habe den ernsten Schritt unternommen, meinen Vornamen und meinen Personenstand zu ändern.
  • Ich musste (und muss) mich in einer neuen Geschlechterrolle zurechtfinden und dabei auch auf liebgewonnene (und ungesunde) Gewohnheiten und Hobbies verzichten.
  • Ich musste meinen Stimmbändern ungewohnte Töne beibringen und mit Plüschbären flirten.
  • Mit Beginn der Hormonersatztherapie habe ich endgültig beschlossen, keine eigenen Kinder zu haben.

Richtig entschieden?
Einige Punkte hören sich hart an und sind es auch. Es hat ja keinen Sinn, schwierige Dinge einfach zu reden. Der ganze Prozess ist hart und steinig, aber für mich war es die richtige Entscheidung, weil ich auch sehr viele positive Erlebnisse hatte.
Ich habe viel gegeben, aber sehr viel mehr bekommen.
2016 hat mich auf meinem Weg ein gutes Stück vorangebracht und ich bin sehr froh darüber, dass viele Dinge sehr gut gelaufen sind.

Was kommt 2017?
Das weiß ich natürlich noch nicht, aber ich habe mir Meilensteine und Ziele gesetzt, welche ich erreichen möchte.

  • Zuerst wird sich wohl erstmal mein Name ändern (alle die sich umgewöhnen müssen - ihr schafft das - ich bin nicht streng und Danke).
  • Nach unzähligen Briefen und Anrufen, werden dann wohl auch irgendwann alle Unterlagen stimmen.
  • Ich werde mich schriftlich vor über hundert Menschen guten.
  • Ich werde an meiner Frisur, der Stimme und somit dem "Passung" arbeiten.
  • Ich werde mich übel pieksen lassen, um auch die letzten Barthaare loszuwerden.
  • Ich werde verschiedene Operateure kennenlernen und vielleicht meine Gesundheit und mein Leben aufs Spiel setzen.

Gute Vorsätze

  1. Ich habe 2016 zum ersten Mal mein Leben richtig genossen, damit höre ich nicht auf.
  2. Ich achte (o' Wunder!) mehr auf meine Figur.
  3. Ich achte und schätze meine Freunde und habe immer ein offenes Ohr.

Zum Schluss...
...möchte ich noch eine kleine Anekdote aus dem Büro erzählen:
Unsere Sekretärin hängt einen großen Kalender an die Wand in dem wir alle Geburtstage und Urlaube eintragen.
Als sie meinen Namen an meinem Geburtstag einträgt, lächelt sie, zwinkert und sagt:
"Der Kalender ist abwaschbar - den Namen ändern wir ja noch."

Euch allen einen "Guten Rutsch" und einen tollen Start ins Jahr 2017 in dem ihr hoffentlich alles findet und erreicht, was ihr euch wünscht und erhofft.

Ich freue mich auf 2017.

Birgit 

Samstag, 24. Dezember 2016

Frohe Weihnachten

Alles wird gut...
Obwohl ich ein wenig traurig bin, dass heute meine geliebte Vorweihnachtszeit zu Ende geht, freue ich mich doch auf das Weihnachtsfest.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass es (formell) auch mein letztes Weihnachtsfest als Mann sein wird.
Denn spätestens Anfang Februar sollte mein Verfahren zur Vornamens-, und Personenstandsänderung wohl abgeschlossen sein und wieder ein Mosaiksteinchen an seinen Platz rücken.

Zwischen Weihnachten 2015 und heute ist für mich unglaublich viel passiert und ich danke Gott, dass er mir erlaubt hat, einige sehr liebe Menschen anders neu kennenzulernen.

Seit meinem Outing habe ich im privaten wie im beruflichen Umfeld sehr viel Zuspruch, Aufmunterung und auch Aufmerksamkeit erhalten. Vieles fühlt sich so anders aber auch so wunderbar an, dass ich es kaum beschreiben kann.

Ein besonders lieb gestaltetes Weihnachtsgeschenk bekam ich von einer langjährigen Kollegin und Freundin. Ich war so gerührt, dass ich beinahe ein paar Tränen vergossen hätte.
Neben Aufmunterung, Tipps und Unterstützung bekam ich ein Buch mit einer ganz tollen Widmung.
Die Widmung behalte ich für mich, aber das Cover möchte ich euch nicht vorenthalten.

Obwohl der Inhalt natürlich nicht vollkommen ernst gemeint ist, zeigt es doch die Akzeptanz, die mir von meinen Freunden entgegengebracht wird und Akzeptanz ist eines der wichtigsten Dinge, die ich mir mit jedem Outing erhoffe.
Einige Dinge aus kann ich übrigens bereits abhaken, es sind aber bestimmt noch mehr als achtzig übrig...

Dieses Jahr bekam ich auch zum ersten Mal in meinem Leben ein Päckchen zu Weihnachten.
Ich freue mich ja schon sehr über jede persönlich geschriebene Weihnachtskarte, aber ein Päckchen von einer langjährigen Arbeitskollegin hätte ich wirklich nicht erwartet.

Wie schon in der Überschrift - Alles wird gut.
Ich kann allen Betroffenen nur raten, wenn ihr es für euch erkennt und wisst, denkt gut darüber nach, aber wartet nicht aus Angst. Die Menschen sind viel besser als ihr ahnt.

Ich wünsche euch und euren Familien ein harmonisches und ruhiges Weihnachtsfest, das euch einander näher bringt und Vertrauen schafft oder stärkt.

Frohe Weihnachten aus einem kleinen Nürnberger Café.

Birgit
 

Dienstag, 13. Dezember 2016

Hormonersatztherapie: 2,5 Monate

Gestern hatte ich nach knapp zweieinhalb Monaten meinen ersten Kontrolltermin in der Frauenklinik der Universität Erlangen.

Vorweg will ich noch schnell schreiben, dass dies nun nicht der Beginn eines Hormontagebuches ist.
Die ganze HRT ist ja etwas sehr individuelles und ich will nur kurz von meinen Eindrücken und Erfahrungen berichten.

Meine Hormonersatztherapie dauert nun schon zweieinhalb Monate und in einigen Punkten zeigen sich schon kleine Veränderungen:

1. KKK-Kalt
Mir ist öfter kalt und ich friere auch schneller. Das kann man natürlich positiv oder negativ sehen. Nach einer halben Stunde Warten auf die S-Bahn brauche ich unbedingt etwas Warmes zu trinken. Außerdem gibt es ja so kuschelige Sachen, die ich jetzt tragen kann ohne darin vor Hitze umzukommen...

2. Müüüüde
Manchmal bin ich Abends einfach furchtbar müde und an einigen Tagen würde ich ohne Wecker wohl bis 12 Uhr Mittags durchschlafen. Der Körper bekommt wohl so eine Art Anti-Doping und die zweite Pubertät benötigt doch einige Energie.
Nach einiger Zeit hatte ich mich jedoch daran gewöhnt und kann mich darauf einstellen. Finde ich nicht weiter schlimm.

3. Obenrum?
Ja für die Brustfee bin ich mit Ü40 schon etwas spät dran. Aber trotzdem habe ich schon etwas Brust bekommen, so dass auch mich nach der eher kurzen Zeitspanne nicht beklagen kann.
Als Fränkin sage ich dazu im Moment: Bassdscho (passt schon).

4. Untenrum?
Das ist vielleicht ebenfalls interessant aber - kein Kommentar...

5. Überhaupt?
Ich merke schon, dass alles etwas weicher wird und die Muskulatur nachlässt. Aber das ist ja auch ok.
Welche Frau will denn schon muskulös, hager und drahtig daherkommen? Ich jedenfalls nicht mehr. Noch ein Bassdscho.

6. Gefühl?
Das Gefühl ist das Beste von Allem. Einfach unbeschreiblich. Ich kann nicht sagen, dass ich depressiv werde, oder ständig in Tränen ausbreche, aber es fühlt sich einfach anders und gleichzeitig so toll an.
Ein doppeltes Bassdscho!

Wie es weitergeht
Weil alles so gut läuft und weil ich mich auch gut fühle, haben wir gestern die Dosierung ein klein wenig erhöht und Gucken in drei Monaten nochmal, was sich getan hat.

Die Ärztinnen und Pflegerinnen in Erlangen waren wieder sehr nett und man fühlt sich gut aufgehoben (außerdem sind sie Meisterinnen im Blutabnehmen - klappt immer - piekt kaum - Bassdscho!)

Heute mal wieder aus einem ziemlich unweihnachtlichen Starbucks.

Bis bald.

Birgit

Samstag, 10. Dezember 2016

Vorweihnachtszeit in Nürnberg - Abwarten und Kaffee trinken

Warum ich die Vorweihnachtszeit mag
Ich lebe ja sehr gerne in Nürnberg mit seiner langen Geschichte, der schönen Altstadt, Bratwürsten, Lebkuchen, Butzenscheiben und seinen toleranten Menschen.

Ich hab ja erst dieses Jahr richtig herausgefunden, dass die Nürnberger toleranter sind, als ich gedacht habe. Manche gucken (aber eher interessiert als böse) und bisher habe ich noch kein böses Wort bekommen. Ich bin stolz auf meine Stadt.

Der Nürnberger Christkindlesmarkt ist die Gelegenheit, alte Nürnberger Traditionen und Spezialitäten kennenzulernen und zu genießen.



Obwohl ich schon auf einigen Weihnachtsmärkten war, ist mir der Nürnberger der Liebste (dicht gefolgt von Leipzig). Gut - er hat leider nicht mehr das gleiche Flair wie 1984 und dieses Jahr musste sogar die gute, alte Postkutsche der Polizeiabsperrung weichen - die Terrorangst ist auch auf dem Hauptmarkt angekommen.

Ich liebe es durch die Stadt zu schlendern, Lebkuchen zu naschen, den Duft von Rostbratwürsten und Glühwein in der Nase zu haben und mir die Zeit zu nehmen, mein Leben zu genießen und vielleicht auch noch ein wenig zu Shoppen.

Als transidenter Mensch ist das ja oft gar nicht so einfach, unser Alltag ist manches Mal von Verstecken und Ängsten geprägt. Ich bin froh, dass es bei mir nicht mehr so ist. Das gehört eben auch zum Alltagstest - den Stresslevel langsam herunter zu bekommen, um ein normales Leben führen zu können.

Das "normale" Leben
Nach vielen, vielen Terminen war in der letzten Woche wirklich gar nicht soviel los.
In Teilen von Bayern würde man es wohl als die "staate Zeit" bezeichnen.

Nächste Woche geht es aber wieder voll los - mit Endokrinologie in der Uni-Frauenklinik und meinem ersten Blutbild nach zwei Monaten HRT. Dann der erste Termin bei einer Elektrologistin, die einen Antrag zur Kasse schickt, damit ich auch die letzten, hartnäckigen Barthaare loswerde.

Derzeit warte ich auch noch auf mein zweites Gutachten zur VÄ/PÄ.
Vielleicht bekomme ich ja doch noch ein besonderes Weihnachtsgeschenk?

Jetzt muss ich aber aufhören - mein Kaffee ist leer und ich bekomme gleich Besuch in meinem Lieblingscafé.

Macht es gut und nehmt euch etwas Zeit um die Vorweihnachtszeit zu genießen.